„Ich habe es mir zu Mission gemacht, das Country-Yodeling wieder populär zu machen“ – Stephan May (Sänger & Gesangslehrer)
Stephan ist seit 2016 bei School78. Mit seinem spannenden und außergewöhnlichen Spezialgebiet – dem Jodeln und Yodeling – hat er uns neugierig gemacht. In folgendem Interview steht er uns Rede und Antwort:
School78: Hallo Stephan. Dein Spezialgebiet ist die Verbindung von klassischer und populärer Musik. Was bedeutet das genau?
Stephan: Ich habe viel falsch gemacht, als ich früher als Rocksänger angefangen habe. Ich hatte keine Ahnung davon, wie ich meine Stimme richtig einsetze und pflege. Ich habe einfach Gas gegeben. Irgendwann hat es dann geknallt – meine Stimme war weg und ich hatte starke Schmerzen.
Nachdem ich wieder genesen war, bin ich zu einem klassischen Gesangslehrer gegangen und wurde erst einmal aufgeklärt. Er hat mir vorerst verboten, U-Musik – also Unterhaltungsmusik – zu singen. Ich sollte mich voll und ganz auf den Ausbau einer ausgereiften Stimmtechnik konzentrieren. Das habe ich dann auch gemacht und es hat super funktioniert.
Erst viel später habe ich angefangen, beide Musikstile wieder zu verbinden. Ich habe gemerkt, dass sich beide Stile gegenseitig ergänzen und mir die Technik der klassischen Musik dabei hilft, den Stimmsitz zu optimieren. Nur die Klangfarbe habe ich angepasst und schon hat es bestens funktioniert.
Ich bin mittlerweile 60 und, auch wenn ich regelmäßig Rock singe, ist meine Stimme nie wieder ausgefallen.
School78: Hast du einen besonderen Tipp, den du Singanfängern auf den Weg geben möchtest, um eine schöne Stimme zu entwickeln?
Stephan: Es gibt viele klassische und moderne Übungen, die genau darauf ausgelegt sind. Ich habe viele Ausbildungen gemacht und durch meine langjährige Erfahrung als Gesangslehrer kann ich auf einen Pool an bewährten Übungen zurückgreifen. Ich habe ein fachwissenschaftliches Essay geschrieben – 25 Kapitel mit meinem geballten Erfahrungsschatz rund um die Stimme – in denen die besten und bewährtesten Methoden zusammenfasst sind. Es werden viele Themen behandelt, u.a. die Anatomie der Stimme, Funktion & Pflege der Stimme und was eine schöne Stimme auszeichnet. Mit den richtigen Übungen kann man den Stimmsitz verbessern und Klangfarbe verschönern. Mit professioneller Anleitung kann man da eine Menge herausholen. So, wie ich es nach meinem Stimmkollaps getan habe, empfehle ich die Arbeit mit einem ausgebildeten Stimmbildner oder Gesangslehrer, um keinen Schaden davon zu tragen und richtig, das heißt schonend, singen zu lernen.
School78: Was ist das Besondere an deinem Gesangsunterricht?
Stephan: Ich arbeite mit einem Softwareprogramm, das Stimmprofile analysieren kann. Damit kann man genau erkennen, wie z.B. die Obertöne verteilt sind und ob das Vibrato gleichmäßig schwingt. Die Obertöne haben einen enormen Einfluss darauf, wie eine Stimme insgesamt klingt und wahrgenommen wird, während das Vibrato – richtig eingesetzt und entwickelt – als ansprechend und wohltuend empfunden wird.
Das Vibrato kann man übrigens gut durch den Triller üben. Der Triller ist die kultivierte Form des Jodelns. Der Umschlag zwischen Brust- und Kopfstimme trainiert den Triller und das wiederum hilft beim Entwickeln eines schönen Vibratos. Mir hat das Jodeln sehr dabei geholfen, mein Vibrato schön und gleichmäßig auszuprägen. Es hängt also alles zusammen.
Im Unterricht mit meinen Schüler*innen baue ich das ein, analysiere die Ausgangslage und die Entwicklung der Stimme.
School78: Da du das Jodeln schon ansprichst – du bist Experte für das Jodeln. Wie bist du zu diesem außergewöhnlichen Gesangsstil gekommen?
Stephan: Eine meiner ersten Schallplatten war eine LP von Franzl Lang. Das war damals der Jodlerkönig. Ich war begeistert und die Platte lief bei uns zu Hause rauf und runter. Meine Familie konnte sich kein Instrument leisten, aber ich wollte unbedingt Musik machen. So habe ich angefangen zu singen. Es kostete nichts und ich hatte mein Idol als Lehrer. Ich habe einfach versucht, es so gut es ging nachzusingen und habe mir auf diese Wiese das Jodeln selbst beigebracht.
School78: Was ist denn der Unterschied zwischen dem volkstümlichen Jodeln und dem Country-Yodeling?
Stephan: Deutschsprachige Siedler haben das Jodeln nach Amerika gebracht, deshalb ist die Technik im Grunde dieselbe. Was sich unterscheidet das sind die Musikrichtung und die Sprache. Man muss viel üben, wenn man sich als volkstümlicher Jodler in die Country-Welt wagt. Das ist vor allem der unterschiedlichen Sprachsituation geschuldet.
Leider ist das Jodeling in der Country-Musik nicht mehr so verbreitet, wie es das in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts war. Ich habe es mir daher zur Mission gemacht, das zu ändern. Auf meinen Konzerten kommt das Yodeling super an. Die Leute sind begeistert und es zaubert selbst Skeptikern ein Lächeln auf die Lippen. Auch in Amerika gibt es einige bekannte Country-Größen, die das Jodeln langsam wieder in ihr Repertoire aufnehmen.
School78: Was sind deine Pläne mit deiner Musik und was steht aktuell bei dir an?
Stephan: Als nächstes möchte ich mein Essay als Online-Tutorial umsetzen. Ich arbeite gerne multimedial und das Internet bietet mir die Möglichkeit, mein Wissen optimal weiterzugeben. Da freue ich mich schon sehr drauf.
Außerdem gebe ich regelmäßig Workshops für Bands und Sänger, die speziell auf die Anforderungen der Teilnehmer zugeschnitten sind. Aber auch Einstiegsangebote z.B. für Firmenveranstaltungen finde ich immer wieder spannend und gehören zu meiner täglichen Arbeit. Daneben habe ich zahlreiche Konzerte mit meiner Country-Band und natürlich meine Gesangsschüler.
Es läuft gut und ich liebe, was ich tue. Ich freue mich, wenn ich diese Begeisterung auf der Bühne, in den Workshops und im Unterricht an meine Schüler*innen weitergeben kann.
School78: Vielen Dank für das Interview!